Fotoexkursion: Potsdam zwischen Moderne und Historie

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Am 17. August 2018 findet in Potsdam die Fotoexkursion der Berliner NaturFreunde unter dem Motto „Potsdam zwischen Moderne und Historie“ statt. Hintergrund der Fotoexkursion ist die seit vielen Jahren intensiv ausgetragene Kontroverse über die Rolle der modernen DDR-Architektur in der brandenburgischen Hauptstadt.

In dieser Diskussion stehen sich zwei völlig unterschiedliche Denktraditionen gegenüber: Auf der einen Seite die Vertreter*innen, die den Erhalt der interessanten architektonischen Mischung aus modernen Bauelementen aus der Zeit der DDR und der historischen Substanz aus der Zeit der Preußischen Könige als Ziel der Potsdamer Innenstadtsanierung ansehen.

Auf der anderen Seite fordern starke Interessengruppen, Potsdam in seiner „historischen Pracht“ wiederherzustellen. Mit hoher Intensität und nahezu ideologischem Eifer wird hier von einem Teil der aktiven Einwohnendenschaft eine Rückbesinnung auf das barocke Stadtbild gefordert. Hier stören die modernen architektonischen Gebäude der sozialistischen Zeit.

Das heutige Hotel Mercure, das als Interhotel in den Jahren 1966 bis 1969 errichtet wurde, ist ein sichtbares Symbol für die sozialistische Umgestaltung der Potsdamer Stadtmitte. Aber auch die Schaffung von Punkthochhäusern und siebengeschossigen Wohnscheiben, die über den Ring die Innenstadt von Potsdam umschließen sollten, sind Beispiele für diese architektonische Umgestaltung in Potsdam.

Der Abriss der Fachhochschule ist ein weiteres Beispiel. Dieses großartige Bauwerk der DDR-Moderne muss den Planungen der Mehrheit des Potsdamer Stadtrates weichen, weil an dieser Stelle hochpreisige Stadthäuser entstehen sollen. Aber auch die Diskussion über den Wiederaufbau der Garnisonkirche verdeutlicht diesen barocken Umbau der Potsdamer Innenstadt. Die 1730 bis 1735 errichtete Garnisonkirche ist für viele ein Symbol für das barocke Potsdam, das in seiner ganzen Schönheit wiederhergestellt werden soll.

Doch gegen diese „Barockisierung“ und „Historisierung“ der Potsdamer Innenstadt regt sich seit vielen Jahren auch deutlicher Widerstand. Seit mehr als 20 Jahren wird über die Erhaltung des architektonischen Nachlasses der DDR in Potsdam intensiv diskutiert.

Die Terminankündigung für die Fotoexkursion findet sich hier: https://www.naturfreunde.de/termin/fotoexkursion-potsdam-zwischen-modern...

Hintergrund der Fotoexkursionen der NaturFreunde Berlin

Erst vor wenigen Monaten wurde im Potsdamer Bauausschuss mit knapper Mehrheit der Abriss des ehemaligen Terrassenrestaurants Minsk am Brauhausberg beschlossen, das sich zwischenzeitlich in einem beklagenswerten Zustand befindet. Das Minsk steht für eine moderne Architektur, die das preußische Potsdam architektonisch weiterentwickelt und demokratisiert hat. Die Mehrheit des Potsdamer Stadtrates setzt hier jedoch auf die Verwertung des Grundstückes und möchte eine hochpreisige Bebauung durchsetzen. Gerade Vertreter*innen von Bündnis 90/Die Grünen und der Partei DIE LINKE argumentieren, dass „eine lebendige Stadt verschiedene Epochen abbilden und den nachfolgenden Generationen auch zugänglich machen“ sollte.

Diesem Widerstreit wird sich die Fotoexkursion stellen. Sie begibt sich auf die Spuren der Moderne in Potsdam. Die Fotoexkursion nähert sich Potsdam und zeigt den Widerstreit zwischen moderner und historischer Architektur in der Stadt auf. Dabei wird die Exkursion am neuen Landtag, der Fachhochschule, dem Hotel Mercure und der Garnisonkirche vorbeiführen.

Fotoarbeit bei den NaturFreunden Berlin

In Berlin gibt es mit der Ortsgruppe „Natur und Kamera“ eine der ältesten Fotogruppen in Berlin. Bereits seit 68 Jahren hat sich die Ortsgruppe um eines der traditionellen kulturellen Themen, das Fotografieren und die Naturerkenntnis gekümmert. Die Ortsgruppe war im Laufe der Zeit in die Jahre gekommen, so dass sich neben der Arbeit der Ortsgruppe eine neue Idee, die „Fotoexkursionen“ entwickelt hat. Die Fotoexkursionen werden von der Ortsgruppe Adelante organisiert. Jedes Jahr finden 6–8 Fotoexkursionen zu unterschiedlichen Themen statt.

Ausdrücklich geht es bei den Fotoexkursionen nicht um das „perfekte Bild“. Vielmehr finden die Exkursionen unter dem Motto „Jede*r kann fotografieren!“ statt. Die Fotoexkursionen erschließen gemeinsam Räume und wollen Veränderungen in der Stadt dokumentieren. Sie stellen sich aktuellen politischen Diskussionen wie auch den ständig stattfindenden Veränderungen in einem urbanen Großraum.

Die Fotoexkursionen knüpfen an die Tradition der sozialkritischen Fotografie der politischen Linken an. Wandel aufzuzeigen, soziale Realitäten darzustellen und sich mit den alltäglichen Erscheinungen des Lebens und der Arbeitswelt auseinanderzusetzen, war seit mehr als 80 Jahren Ziel der „Arbeiterfotografie“. In dieser Tradition versuchen die Fotoexkursionen der NaturFreunde Berlin eine zeitgemäße Antwort auf kritische Fotografie zu geben. Mit dem Fotoapparat sollen Realitäten eingefangen werden, Gegensätze aufgezeigt und damit ein Beitrag zur kritischen Betrachtung des eigenen Umfeldes geleistet werden. Dabei stehen Spaß und Information über die Geschichte der Stadträume, aber natürlich auch der Umgang mit der Kamera im Mittelpunkt der Touren.

Themen in den letzten Jahren waren beispielsweise „Berlin aus der Sicht der Berliner Stadtreinigung“, „Gedenkorte um den Alexanderplatz“, „Von der autogerechten Stadt zum Volkspark Wilmersdorf“ oder die Erstellung einer Fotoreportage über den Widerstand gegen TTIP und CETA. Zusammen mit dem „Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!“ wurde eine Ausstellung erstellt, die in der Galerie der NaturFreunde Berlin und beim bundesweiten Treffen des „Netzwerkes Gerechter Welthandel“ in Frankfurt am Main gezeigt wurde.

Uwe Hiksch
Stellvertretender Landesvorsitzender NaturFreunde Berlin

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